Gaukler, Wanderer und Ikonoklasten

  • Als Jokus auf dem Weg zurück war zu seinem Schlafplatz und an den bunten Zelten vorbeischlenderte, konnte er vielleicht sogar noch einmal tief einatmen und die gespannte doch gelöste Stimmung genießen - ehe ihn eine große Hand an der Schulter ergriff und mit einem beeindruckenden starken Ruck den Weitgereisten auf sehr kurzem Weg in das dunkle Zelt zog.

    Im Lichtschein, der durch den einen Spalt offen stehenden Zelteingang von draußen viel, konnte er ein vertrautes Gesicht erkennen, das den Finger an die Lippen hob und zu Ruhe gemahnte: Marek, der Leibdiener des Lords der im verschwöhrerisch zu zwinkerte.

    "Jemand möchte mit dir sprechen, Jokus."

  • "Himmel! Marek, hast du mich erschreckt!"

    Jokus ging der Puls und langsam ließ er seine zur Faust geballte Hand sinken.

    "Normalerweise, bin ich doch für dramatische Auftritte zuständig", flüsterte er zischend.

    "Ich hätte dir fast eine reingehauen. Aber schön dich wiederzusehen. Ich hoffe dir ist es in der Zwischenzeit gut ergangen? Wer will mich denn sprechen?"

  • Marek grinste und nickte knapp.

    "Ich kann nicht klagen. Scheinbar hast du es auch in die Gunst der Waldakai geschafft.

    Nun wer dich sprechen will..."

    "...bin ich."

    Die Stimme kam aus den Schatten, ruhig und fest.

    Schnell konnte sich Jokus an die Dunkelheit tanzender Schatten im Zelt gewöhnen und den Ursprung ausmachen.

    Halb in den Schatten verborgen stand der Lord von Adrays, Tristan, gehüllt in einen schlichten Umgang.

  • Jokus kniff zuerst suchend die Augen zusammen, um den Schemen auszumachen. Als er Lord Tristan erkannte, weiteten sich diese vor Überraschung und sein Mund klappte auf. Er beugte sein Knie und sprach leise:

    "Jokus Jodelberg, seit Neuestem: Jokus der Walldakai. Was kann ich für euch tun?"

  • "Gut. Sag Jokus, wie ist sie in deinen Besitz gekommen?"

    Der Lord stand nach wie vor unbeweglich im Halbdunkel. Seine Fragen wirkten jedoch nicht bedrohlich oder inquisitiv, sie waren eher neutral. Fast als würde jemand trocken den Bestand der Ernte erfassen. Was auch immer er wollte, sich in die Karten schauen lassen gehörte wohl erst einmal nicht dazu.

  • Jokus schmerzte langsam sein Knie.

    "Ich habe Sie als Tausch für mein liebstes Zugtier erhalten, wobei ich mir Angesicht meiner kürzlich erworbenen Informationen nicht sicher bin, ob der Tauschende wirklich wusste, was er mir da wirklich gab. Wenn doch, dann wird diese eigentlich sehr tragische und emotionale Geschichte nur noch rätselhafter."

  • Der Lord nahm auf dem Boden platz, der von dicken Teppichen bedeckt war.

    "Setz dich und erzähle sie mir. Ich möchte gerne alles möglichst genau so wissen wie es sich zugetragen hat. Ich will verstehen wie diese... Statue in deinen Besitz kam und was du bisher über die heraus gefunden hast."

  • Jokus stand ächzend auf. Nachdem er seine Glieder ausgeschüttelt hatte, setzte er sich Tristan gegenüber auf den Teppich.

    "Vielen Dank. Das ist sehr gütig von euch. Aber diese Geschichte berührt eine immer noch schmerzende Narbe in mir. Ich habe diese noch nie niemandem je erzählt. Und Kraft eurer gütigen Weitsichtigkeit bin ich auch vorsichtig geworden, was das Geschichten erzählen im Norden anbelangt. Letztlich wurde ich vor dem Walldakai Gericht nur um haaresbreite nicht zum Tode verurteilt."

    Jokus lächelete den Lord gequält an.

    "Ihr versteht?"

  • Jokus nickte.

    "Es ist mir wichtig festzuhalten, dass ich euch keine Geschichte, sondern lediglich Fakten über das Objekt erzähle. Denn als Walldakai muss ich Auftritte gerade zum Zeitpunkt eurer Hochzeitsfeier mit meiner Familie absprechen. Und diese wird die Preise verhandeln. Morgen werden wir dazu bei euch vorsprechen, habe ich gehört. Ihr scheint nach unserer letzten Begegnung auf jeden Fall ein gesteigertes Interesse an dem Lamm zu haben. Ich erhoffe mir, dass meine Vorab-Informationen sich positiv auf den Preis auswirken werden. Eine Privatvorstellung mit der ganzen Geschichte vor euch allein oder von euch ausgewähltem Publikum ist machbar. Wir würden uns also gegenseitig helfen, da auch ich ein Interesse an der Entschlüsselung der rätselhaften Figur habe und dazu braucht es einen gut ausgebildeten Turmarbeiter."

    Jokus faltete die Hände und sprach so leise, dass es nur Tristan hören konnte.

    "Die Figur ist sehr alt und besteht aus einem besonderen Gestein. Basaltium, oder Basalitum genannt. Es wurde im Zeitalter der tausend Königreiche von einem Turm angefertigt und dient bis heute als eine Art Gefäß, die ein schützenswertes Objekt in sich trägt. Wer auch immer es erschaffen hat, wollte sicher gehen, dass sein Inneres die Zeiten unbeschadet überdauert."

  • Der Lord konnte sich ein amüsiertes Schnauben nicht verkneifen.

    "Sind alle so, da wo du her kommst? So mutig darauf bedacht die eigenen Pfründe zu sichern.

    Aber gut, dein Schneid ist unterhaltsam.

    Ich bin einverstanden mit deiner Bitte einer privaten Vorführung. Allerdings haben wir Sitten im Norden die du beginnen solltest dir zu eigen zu machen. Erst die Tat, dann der Lohn."

  • "Morgen möchte unser Familienoberhaupt Kennard mit euch sprechen und alle Aufführungen während der Festivitäten bereden. Er hat in diesen Belangen bei uns Walldakai das letzte Wort. Habt ihr noch eine Frage, oder wäre es mir nun gestattet schlafen zu gehen?", fragte Jokus.

  • "Nein, du bist entschuldigt. Weitere Fragen werden sich gewiss nach deiner Aufführung ergeben.

    Bis dahin hast du Gelegenheit einen Preis zu finden um ihn mir danach zu nennen."

    Wie auf einen unsichtbaren Wink tauchte Marek im Zelteingang auf und zog ihn beiseite um Jokus Platz zu machen.

  • Die Nacht verlief für Jokus unruhig. In seinem Kopf arbeiteten Entwürfe für die wirkungsvollste Darstellung der Lammfigurengeschichte. Nachdem er sich oft auf seinem Lager umhergewälzt und womöglich tatsächlich etwas Schlaf gefunden hatte, weckten Ihn die früh zwitschernden Vögel und das aufdämmernde Sonnenlicht. Nach einer kleinen Katzenwäsche ging er durch das, langsam aufwachende Lager und kam dann an der noch taubenässten Zeltplane von Kennards Schlafstätte an.

    "Kennard? Kennard, bist du schon wach? Ich muss dir unbedingt etwas erzählen!"

  • Kennard war eben erst aufgestanden. Als Alter Mann gönnte er sich hin und wieder den Luxus etwas später den Tag zu begrüßen. Die Augen noch halb geschlossen saß er am Feuer, den obligatorischen Becher gerösteter Nussmischung in der Hand als Jokus heran stürmte, „Diese Jugend“ entfuhr es ihm leicht brummelnd.

    Ansehen durch Leistung

  • Jokus trat näher.

    "Guten Morgen, Kennard. Du kannst dir nicht vorstellen, was mir gestern passiert ist!"

    Er wechselte in einen Flüsterton.

    "Ich wurde gestern gewissermaßen von Lord Tristan entführt. Also er hat mich in ein Zelt ziehen lassen und hat mich dann über die Lammfigur ausgefragt. Ein dramatisches Mittel für ein Vieraugengespräch, wenn Ihr mich fragt. Aber ich glaube ich hab es gut gemeistert und ich lebe noch", zwinkerte er.

    "Ich hab Ihm ein paar Fakten genannt und Ihm dann angeboten die gesamte Figurengeschichte zu erzählen. Er hat zugestimmt, also hab ich einen lukrativen Programmpunkt gefunden, denn das will er wirklich wissen. Honorar hab ich Ihm gesagt, wird von Dir im Gesamtpaket verhandelt. Das steht doch heute an, oder?"

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!